Die kognitive Wettkampfsplanung – Das sollte man wissen!

Kognitive Wettkampfsplanung

In diesem Artikel geht es um die mentale Vorbereitung auf einen Wettkampf und deren Umsetzung für jeden Sportler. Nahezu jeder Spitzensportler muss nicht nur physisch trainieren, um gut auf einen Wettkampf vorbereitet zu sein. Oft ist die kognitive Vorbereitung genau so wichtig, wenn nicht manchmal sogar wichtiger. Lese hier wieso:

kognitive Vorbereitung durch die Darstellung des Gehirns

Der wichtigste Punkt dabei ist, verschiedene Situationen , die im Wettkampf auf einen zukommen könnten, im Kopf durchzugehen und sich für diese ein, oder gleich mehrere Szenarien, also Lösungen zu überlegen und gedanklich sehr genau auszuarbeiten. Spitzensportler zeichnen sich also dadurch aus, dass sie in ihrer Sportart mit absolut jeder Situation klar kommen können, sprich „auf sie vorbereitet sein!

Wenn man diese genauste Vorbereitung im Kopf beherzigt, verkürzt dies einem den Entscheidungsprozess während des Wettkampfs erheblich. Dies gilt besonders in Mannschaftssportarten, wo besonders viel Taktik gefragt ist.

Die verschiedenen Szenarien werden meist und am besten aus selbst Erlebtem erarbeitet, können aber auch durch Beobachten Anderer oder die Beratung eines Trainers, der aus Erfahrung viel weiß, bestätigt oder gefestigt werden.

Um wieder ein Beispiel zu nennen: fast alle in höheren Klassen spielende Teams bereiten sich in einer Spielanalyse auf kommende Wettkämpfe vor. Dabei wird häufig ein Spiel des Gegners ausgewertet: „Was sind häufige Spielzüge des Gegners? Wo liegen die Schwächen des gegnerischen Teams? In welchen Situation müssen wir aufpassen?“

Häufig werden auch eigene Spiele analysiert und dabei geschaut, welche Spielzüge noch nicht funktionieren oder überarbeitet werden müssen. Diese können dann im praktischen Teil des Trainings geübt werden.

Aufmerksamkeit

Um auf den nächsten Punkt des Artikels zu kommen muss man zwei Begriffe kennen:

Die zwei Aufmerksamkeitsformen Internal und External.

Internal bedeutet auf seine eigenen Körpersignale, also Herzfrequenz (Internal ENG), Müdigkeitserscheinungen, Schmerzen usw. zu hören.

Externale Aufmerksamkeit bedeutet auf seine Umweltsignale zu achten, also die Analyse des direkten Gegnerverhaltens (External ENG) oder das Beobachten des größeren Umfelds (External WEIT).
Die Aufmerksamkeitsregualtion, in der diese zwei Begriffe nun eine wesentliche Rolle spielen, ist besonders im Marathonlauf, aber natürlich auch in allen anderen Sportarten, ein wichtiges Thema. Wenn man eine Trainingsstrecke, zum Beispiel die eines Marathonwettkampfs sehr genau kennt, kann man seine Aufmerksamkeit besser und mehr nach innen richten und auf die Signale des Körpers hören. Ist die Strecke gänzlich unbekannt, ist die Aufmerksamkeit relativ weit ausgerichtet, um wichtige Informationen aufzunehmen, die den Weg weisen oder um Schilder zu sehen, die die Kilometerzahl anzeigen.

Es ist sehr wichtig die richtige Balance aus internaler und externaler Aufmerksamkeit zu finden. Man muss sowohl einschätzen können, was und wieviel der Körper im Moment leisten kann, als auch die ganze Wettkampfssituation im Überblick haben. Da jeder Mensch nur über begrenzte Aufmerksamkeitsressourcen verfügt, und alle vier Aufmerksamkeitsformen (Internal eng, Internal weit, Externl eng, Externlal weit) sehr viel kognitive Energie kosten, muss trainiert werden mit diesen Ressourcen zu haushalten.

Es gibt allerdings oft nicht nur diese inneren Aufmerksamkeitsausrichtungen und die, die auf das Spielgeschehen gelenkt sind. Häufig muss der Sportler auch von außen kommende, ablenkende Dinge ignorieren, wie beispielsweise das Pfeifkonzert des gegnerischen Publikums vor dem Ausführen eines Eckballs. Dies wird dann selektive Aufmerksamkeit genannt und kann in einigen vielen Mannschaftssportarten von großer Bedeutung sein.

Eine weitere Aufmerksamkeitsform ist die „Geteilte Aufmerksamkeit“. Dies ist am besten zu verdeutlichen am Beispiel eines Fußballspielers, der den Ball gegen einen gegnerischen Spieler abschirmen, gleichzeitig aber das Spielfeld nach einem freien, anspielbaren Mitspieler scannen muss.

Viele Sportler, zum Beispiel Marathonläufer, legen sich vor jedem Wettkampf, eine Art „Aufmerksamkeitsegulations-Drehbuch“ an, indem sie viele wichtige Informationen bezüglich der Strecke, wichtiger Gegner aber auch ihrer Erfahrung mit dem eigenen Körper und Laufstil sammeln und ausarbeiten.

Hier möchte ich nun ein solches Drehbuch eines Marathonläufers anführen:

Drehbuch New York City Marathon für Raphael, Ziel: 3:15.00 Stunden

Das Training für den Marathon


Start: Ich achte auf meine Herzfrequenz und meine Atmung. Gleich geht es los. Ein letztes Mal lockere ich meine Muskulatur. Meine Aufmerksamkeit ist internal-weit. Ich lasse mich von der großen Masse mitziehen und begeistern. Ich beobachte aber auch meine Laufkollegen: Aufmerksamkeit ist external-weit.


Kilometer 15: Ich kontrolliere meine Herzfrequenz und versuche vernünftig mit meiner Kraft hauszuhalten. Ich versuche die Herzfrequenz auf einem guten Level zu halten: Aufmerksamkeit ist internal-eng. Ich sollte das erste Mal Flüssigkeit zu mir nehmen und greife nach einen Becher. Achtung: Am Getränkestand könnte ich mit einem anderen ehrgeizigen Läufer zusammenstoßen oder durch verschüttete Flüssigkeit ins Rutschen kommen, also Aufmerksamkeit external-weit.


Kilometer 25: Ich halte meine Aufmerksamkeit internal-eng und versuche meine Muskeln zu lockern und meine Atmung zu regulieren. Gleichzeitig beobachte mich das Läuferfeld um mich herum(external-weit). Wo sind meine Laufkameraden. Max scheint weiter vorne oder hinten zu sein, aber ich sehe Jens. Also orientiere ich mich an ihm, auch er hat das Ziel von 3, 15 Stunden. Etwas mehr als die Hälfte ist geschafft.


Kilometer 35: Langsam beginnen die Schmerzen. Ich versuche sie zu ignorieren und schalte vermehrt auf Aufmerksamkeit external-weit. Mit Jens bin ich nun gut in einen Trott gekommen und wir motivieren uns gegenseitig bis das Ziel näher kommt.


Ziel: Vorsicht: Viel zu leicht lässt man die Aufmerksamkeit komplett bei der jubelnden und schreienden Masse außerhalb der Laufbahn (external-weit), aber besonders auf diesen letzten Metern sollte man besonders auf sein näheres Umfeld achten (external-eng) um nicht mit einem anderen Läufer zusammenzustoßen. Ich lasse mich von meinen Mitläufern und meinem Laufkollegen Jens mit bis ins Ziel „ziehen“ und habe meine Zielzeit, auch dank des Drehbuchs, erreicht: 3:13:37 Stunden.


Wir halten fest: Durch ein Vorplanen unseres Wettkampf können wir unsere Leistung deutlich verbessern, da wir auf fast alle Situationen vorbereitet sind. Auch ein Drehbuch kann sich vor einem Marathon oder anderen Lauf lohnen.

Probiere es aus! Viel Erfolg

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